Samstag, 31. Januar 2004

Gewissensfrage...?

Am Donnerstag klingelte mein Handy. Auf der Arbeit. Es meldete sich das Arbeitsamt (pardon: Die "Bundesagentur für Arbeit") - das aus Bad Salzuflen. Geschätzte 60-70 km von hier. Eine nette Frau fragte mich, ob ich an einem Job interessiert wäre. Sie hätte mein Profil in der Datenbank gefunden.
Ich war etwas erstaunt. Schließlich hatte ich ja einen Job. Und das sagte ich ihr auch.
Ja, aber der sei ja nur befristet. Ob denn schon klar wäre, für wie lange er befristet sei.
Das war es nicht. Ende Februar vielleicht. Eventuell länger. Hängt davon ab, wie schnell sich so ein Omi-Fuß von einer OP erholt.
Nun ja, der Job würde schon sehr auf mich passen und überhaupt dauern Bewerbungsverfahren ja immer etwas länger (hier in Deutschland - Anm. d. Red.).
Der Job sei im Marketing. Gutes Englisch sei erforderlich. Kenntnis von Grafikprogrammen wünschenswert. Das Unternehmen um die 250 Mitarbeiter groß. Ob das nichts für mich wäre?

In meinem Hirn fingen sofort Engelchen und Teufelchen das Steppen an. Zig Gedanken stürmten auf mich ein. Ich bat sie um die Web-Adresse der Firma und sagte ihr, ich würde sie am Montag zurückrufen.

Und nun grüble ich seit Donnerstag. Diese Art von Job habe ich immer haben wollen. Damals, als mich das Reisefieber noch nicht gepackt hatte. Aber damals habe ich ihn nie bekommen. Jetzt hatte ich mich eigentlich von dieser Idee verabschiedet. Jetzt hatte ich mich eigentlich auf meine Weltreise vorbereitet - und gefreut. Jetzt hatte ich eigentlich beschlossen, dass so ein spießiges Leben mit Jobfixierung nichts für mich ist.

Eigentlich. Denn andersherum bin auch ich mit diesen konservativen Wertvorstellungen aufgewachsen. Auch ich habe mir von meinen Eltern sagen lassen, dass ich doch "erstmal was Anständiges lernen sollte", bevor ich ... was auch immer mache. Auch ich habe vor 18 Jahren begonnen. meine Berufung zu suchen. Aber gefunden habe ich sie nie.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob dieser Job wirklich meine Berufung sein kann. Letztenendes ist es auch nur wieder ein Büro mit einem Chef und dem selben Einerlei jeden verfluchten Tag. Bis zur Rente (die ich eh nicht mehr kriegen werde).

Wenn ich meinen freiheitsliebenden Geist frage, dann will der in die Welt hinaus statt wieder auf unbestimmte Zeit hinter einen Schreibtisch. Sei die Arbeit oberflächlich gesehen noch so reizvoll. Auch wenn ich bereits öfters gesagt habe, dass ich für den richtigen Job die Reise canceln würde - irgendwas in mir mag den Plan nicht loslassen.

Viele Fragen werfen sich auf: Werde ich mich später vielleicht sogar ärgern, wenn ich den Job abgelehnt habe - so wie meine Mutter es mir prophezeit? Oder bin ich einfach inzwischen einen Schritt weiter, wie ich ihr versichert habe? Läuft mir die Reise wirklich nicht weg? Oder werde ich sie später einfach nicht mehr machen, weil ich dann wieder viel gebundener bin als jetzt? Zum Beispiel an einen Arbeitsvertrag, den ich kündigen müsste. Oder an eine Wohnung, die mit neu gekauften Möbeln vollsteht. Oder gar an einen Mann, der mir bis dahin über den Weg gelaufen ist.

Und trotzdem: Ich kenne inzwischen genügend Menschen, die würden sich nach diesem Jobangebot alle 10 Finger lecken. Und da stellt sich mir auch eine Gewissensfrage: Darf ich so ein Angebot überhaupt ablehnen?

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