Mittwoch, 2. November 2005
Irischer Katzenjammer
Es sollte ein ruhiges Wochenende zu zweit werden. Idealerweise in Irland, unserem Lieblingsland.
Also habe ich online ein Cottage gesucht - und gefunden. 3 Tage (bzw. Nächte) auf der Halbinsel Dingle. Abgeschieden, ruhig und mit einem atemberaubenden Blick auf den Atlantik.
Nun, wie immer kam es erstens anders und zweitens als man denkt.
Nach einem kurzen Abstecher in unsere Lieblingsgegend, den Burren, um die neue Gitarre meines Liebsten zu kaufen, die er das letzte Mal ärgerlicherweise nicht gekauft hatte, einem Besuch im Lieblingsrestaurant von mir und zwei meiner besten Freunde (dem "Monk's") in meiner Wahlheimat für 4-Wochen während meines Sommerkurses vor 3 Jahren - einem Dorf namens Ballyvaughan - und einer Übernachtung in einem örtlichen B&B ging es mit einem Umweg über Galway Richtung Süden ... zur Halbinsel Dingle.
Nach einer Autofahrt die ewig zu dauern schien waren wir endlich auf der Zielgeraden. Aber die Wegbeschreibung zum Cottage war nicht besonders genau und bei Dunkelheit (die auch in Irland zu dieser Jahreszeit recht früh einsetzt) eine Nerven-Zerreissprobe. Wäre mein Süßer nicht so ein geduldiger, verständnisvoller Mensch - es wäre DER Stoff für einen richtigen Beziehungskrach gewesen.
Nach viel Sucherei und nachdem wir den entsprechenden Abschnitt der kilometerlangen Straße zum x-ten Mal abgefahren sind, fanden wir dann auch endlich den richtigen Schotterweg und bald darauf das Cottage.
Dann die Enttäuschung des Tages: Das Wohnzimmer war wie aus einem Geisterfilm. Alte Möbel, die schon vor 20 Jahren auf den Sperrmüll gehört hätten. Es roch alt und vermodert. In den diversen Schlafzimmern standen uralte Betten, die an Krankenbetten aus dem vorigen Jahrhundert erinnerten. Und das kurz vor Halloween... Gruselig!
Die Küche und das Bad dagegen waren neu. Und sahen beruhigend gut gepflegt aus.
Trotzdem. Mein erster Impuls war: Weg hier! Aber es war spät und ich war müde, also blieben wir erstmal diese Nacht.
Am nächsten Tag saßen wir lange in der Küche. Aus dem großen Küchenfenster sahen wir den atemberaubenden Blick über den Atlantik. Hier hatte die Website absolut nicht übertrieben. Ich habe uns leckeres "Full Irish Breakfast" gekocht und wir haben lange am Küchentisch gesessen, gegessen, gelabert... Bei Tageslicht sah alles gar nicht so schlimm aus. Wir legten eine der Matratzen ins Wohnzimmer und machten es uns vor dem Fernseher gemütlich, spielten Scrabble und Tabu... Später gingen wir im Ort eine sehr gut essen. Nun sah es aus als würde das jetzt doch noch das ruhige, romantische Wochenende werden, das wir uns vorgestellt hatten.
Nur das mit dem Ausschlafen sollte nicht ganz klappen. Überraschenderweise war es nicht das superknarrende Bett, das uns weckte - es war das herzzerreißende Jammern eines kleinen Kätzchens.
Es war noch dunkel, als wir vor dem Haus (erreicht durch die Hintertür, denn das Schloss der Vordertür hatte sich verklemmt und ließ sich nicht mehr öffnen) nach dem kleinen Störenfried zu suchen begannen. Was sich als nicht einfach herausstellte, denn das kleine Fellknäuel spielte "hard to get".
Die Lösung war dann letztendlich ganz einfach: Nachdem mein persönlicher Handwerker das Schloss-Problem gelöst hatte, ließen wir einfach die Tür offen und irgendwann kam das kleine Wesen zusammen mit der Morgensonne von selbst zu uns.
Fortan war es völlig aus mit der Ruhe. Das kleine Wollknäuel hielt uns mit allem auf Trab, was so eine Handvoll Tier so auf Lager hat: Jammern, fressen, kuscheln, in die Ecke kacken... you name it. Bis die Müdigkeit es übermannte und es sich in die dickste Bettdecke einbuddelte, die es finden konnte. Eine Gelegenheit auch für die nicht ganz freiwilligen Katzenbabyeltern, den verlorenen Schlaf der Nacht nachzuholen. Praktischerweise hatte sich das Minikätzchen das große Bett für seinen Schlaf ausgesucht, also blieb für die zwei Menschen nur die schmale Matratze auf dem Wohnzimmerfußboden.
Frisch ausgeschlafen wollten wir uns später endlich etwas von der Insel ansehen, möglichst so lange die Sonne noch schien. Also haben wir das Kätzchen wieder nach draußen gebracht, in der Hoffnung, dass Mama-Katze es nun wiederfindet und mit nach Hause nimmt.
Stunden später, nach vielen Kilometern auf den engen, bergigen Straßen Dingles entlang der Atlantikküste, vielen Fotos auf Film und Chip, einer Möwenzeichnung und einem weiteren Besuch in einem Seafood-Restaurant (diesmal aufgrund einer Empfehlung im "Doyle's", die uns absolut nicht enttäuscht hat) sah es zuerst so aus, als habe klein Katzi tatsächlich den Weg zurück in Mamas Schoß gefunden. Aber weit gefehlt. Irgendwann war es wieder zu hören, das hell-dünne, wenngleich doch laute Rufen. Und es dauerte auch nicht lange, bis mein Herz wieder geschmolzen war, sich kleine Krallen an meinem Pulli zu meiner Schulter vorarbeiteten und sich ein kleines Gesicht wieder - non-stop schnurrend - in meine Halsbeuge, unter meine Haare drückte.
Die Nacht verbrachte die kleine wandelnde Sirene im warmen Bad, kuschelig in einem Nest aus Handtüchern. Eine Katzen-Poo-Auswaschaktion reichte vollkommen und eine Nacht ohne Schlaf auch.
Und dann war er schon da, der Morgen unserer Abreise. Und die Frage, die schon seit dem Abend in der Ecke lauerte, stand nun konfrontierend vor uns: Was machen wir mit dem Kätzchen, wenn sich in der Nachbarschaft niemand findet, der es wiederhaben will?
Alles überflüssige Sorgen, wie sich herausstellte. Mit dem kleinen Herzchen auf der Schulter klopfte ich bei den direkten Nachbarn. Denen gehörte zwar das kleine Wesen nicht, aber die Nachbarn gegenüber hätten doch so viele Katzen...
Und BINGO! Ein Opa und seine zwei Enkel hatten das kleine Kerlchen schon vermisst. Also habe ich die kleine Handvoll Fell mit Knopfaugen schnell abgegeben, mir den langen Abschied gespart um nicht noch Augenflüssigkeit zu verlieren und bin alleine zurück zum Cottage...
Der restliche Tag war noch sehr schön, auch wenn wir beide oft an das kleine flauschige Etwas denken mussten, dass wir doch in der kurzen Zeit sehr ins Herz geschlossen hatten. Entlang des Connor Pass' mit wundervollen Aussichten, ging es auf die lange Tour zurück nach Shannon, wo wir quasi in unserem Stamm-B&B den letzten Abend mit Cider, Cheddar-Cheese und Minstrels ausklingen ließen.
Als dann am nächsten Tag der Flieger in den Sonnenaufgang über den Wolken flog, wurde dieser einmalige Anblick von einem traurigen Gedanken getrübt:
Schon wieder vorbei, das Wochenende...
Also habe ich online ein Cottage gesucht - und gefunden. 3 Tage (bzw. Nächte) auf der Halbinsel Dingle. Abgeschieden, ruhig und mit einem atemberaubenden Blick auf den Atlantik.
Nun, wie immer kam es erstens anders und zweitens als man denkt.
Nach einem kurzen Abstecher in unsere Lieblingsgegend, den Burren, um die neue Gitarre meines Liebsten zu kaufen, die er das letzte Mal ärgerlicherweise nicht gekauft hatte, einem Besuch im Lieblingsrestaurant von mir und zwei meiner besten Freunde (dem "Monk's") in meiner Wahlheimat für 4-Wochen während meines Sommerkurses vor 3 Jahren - einem Dorf namens Ballyvaughan - und einer Übernachtung in einem örtlichen B&B ging es mit einem Umweg über Galway Richtung Süden ... zur Halbinsel Dingle.
Nach einer Autofahrt die ewig zu dauern schien waren wir endlich auf der Zielgeraden. Aber die Wegbeschreibung zum Cottage war nicht besonders genau und bei Dunkelheit (die auch in Irland zu dieser Jahreszeit recht früh einsetzt) eine Nerven-Zerreissprobe. Wäre mein Süßer nicht so ein geduldiger, verständnisvoller Mensch - es wäre DER Stoff für einen richtigen Beziehungskrach gewesen.
Nach viel Sucherei und nachdem wir den entsprechenden Abschnitt der kilometerlangen Straße zum x-ten Mal abgefahren sind, fanden wir dann auch endlich den richtigen Schotterweg und bald darauf das Cottage.
Dann die Enttäuschung des Tages: Das Wohnzimmer war wie aus einem Geisterfilm. Alte Möbel, die schon vor 20 Jahren auf den Sperrmüll gehört hätten. Es roch alt und vermodert. In den diversen Schlafzimmern standen uralte Betten, die an Krankenbetten aus dem vorigen Jahrhundert erinnerten. Und das kurz vor Halloween... Gruselig!
Die Küche und das Bad dagegen waren neu. Und sahen beruhigend gut gepflegt aus.
Trotzdem. Mein erster Impuls war: Weg hier! Aber es war spät und ich war müde, also blieben wir erstmal diese Nacht.
Am nächsten Tag saßen wir lange in der Küche. Aus dem großen Küchenfenster sahen wir den atemberaubenden Blick über den Atlantik. Hier hatte die Website absolut nicht übertrieben. Ich habe uns leckeres "Full Irish Breakfast" gekocht und wir haben lange am Küchentisch gesessen, gegessen, gelabert... Bei Tageslicht sah alles gar nicht so schlimm aus. Wir legten eine der Matratzen ins Wohnzimmer und machten es uns vor dem Fernseher gemütlich, spielten Scrabble und Tabu... Später gingen wir im Ort eine sehr gut essen. Nun sah es aus als würde das jetzt doch noch das ruhige, romantische Wochenende werden, das wir uns vorgestellt hatten.
Nur das mit dem Ausschlafen sollte nicht ganz klappen. Überraschenderweise war es nicht das superknarrende Bett, das uns weckte - es war das herzzerreißende Jammern eines kleinen Kätzchens.
Es war noch dunkel, als wir vor dem Haus (erreicht durch die Hintertür, denn das Schloss der Vordertür hatte sich verklemmt und ließ sich nicht mehr öffnen) nach dem kleinen Störenfried zu suchen begannen. Was sich als nicht einfach herausstellte, denn das kleine Fellknäuel spielte "hard to get".
Die Lösung war dann letztendlich ganz einfach: Nachdem mein persönlicher Handwerker das Schloss-Problem gelöst hatte, ließen wir einfach die Tür offen und irgendwann kam das kleine Wesen zusammen mit der Morgensonne von selbst zu uns.
Fortan war es völlig aus mit der Ruhe. Das kleine Wollknäuel hielt uns mit allem auf Trab, was so eine Handvoll Tier so auf Lager hat: Jammern, fressen, kuscheln, in die Ecke kacken... you name it. Bis die Müdigkeit es übermannte und es sich in die dickste Bettdecke einbuddelte, die es finden konnte. Eine Gelegenheit auch für die nicht ganz freiwilligen Katzenbabyeltern, den verlorenen Schlaf der Nacht nachzuholen. Praktischerweise hatte sich das Minikätzchen das große Bett für seinen Schlaf ausgesucht, also blieb für die zwei Menschen nur die schmale Matratze auf dem Wohnzimmerfußboden.
Frisch ausgeschlafen wollten wir uns später endlich etwas von der Insel ansehen, möglichst so lange die Sonne noch schien. Also haben wir das Kätzchen wieder nach draußen gebracht, in der Hoffnung, dass Mama-Katze es nun wiederfindet und mit nach Hause nimmt.
Stunden später, nach vielen Kilometern auf den engen, bergigen Straßen Dingles entlang der Atlantikküste, vielen Fotos auf Film und Chip, einer Möwenzeichnung und einem weiteren Besuch in einem Seafood-Restaurant (diesmal aufgrund einer Empfehlung im "Doyle's", die uns absolut nicht enttäuscht hat) sah es zuerst so aus, als habe klein Katzi tatsächlich den Weg zurück in Mamas Schoß gefunden. Aber weit gefehlt. Irgendwann war es wieder zu hören, das hell-dünne, wenngleich doch laute Rufen. Und es dauerte auch nicht lange, bis mein Herz wieder geschmolzen war, sich kleine Krallen an meinem Pulli zu meiner Schulter vorarbeiteten und sich ein kleines Gesicht wieder - non-stop schnurrend - in meine Halsbeuge, unter meine Haare drückte.
Die Nacht verbrachte die kleine wandelnde Sirene im warmen Bad, kuschelig in einem Nest aus Handtüchern. Eine Katzen-Poo-Auswaschaktion reichte vollkommen und eine Nacht ohne Schlaf auch.
Und dann war er schon da, der Morgen unserer Abreise. Und die Frage, die schon seit dem Abend in der Ecke lauerte, stand nun konfrontierend vor uns: Was machen wir mit dem Kätzchen, wenn sich in der Nachbarschaft niemand findet, der es wiederhaben will?
Alles überflüssige Sorgen, wie sich herausstellte. Mit dem kleinen Herzchen auf der Schulter klopfte ich bei den direkten Nachbarn. Denen gehörte zwar das kleine Wesen nicht, aber die Nachbarn gegenüber hätten doch so viele Katzen...
Und BINGO! Ein Opa und seine zwei Enkel hatten das kleine Kerlchen schon vermisst. Also habe ich die kleine Handvoll Fell mit Knopfaugen schnell abgegeben, mir den langen Abschied gespart um nicht noch Augenflüssigkeit zu verlieren und bin alleine zurück zum Cottage...
Der restliche Tag war noch sehr schön, auch wenn wir beide oft an das kleine flauschige Etwas denken mussten, dass wir doch in der kurzen Zeit sehr ins Herz geschlossen hatten. Entlang des Connor Pass' mit wundervollen Aussichten, ging es auf die lange Tour zurück nach Shannon, wo wir quasi in unserem Stamm-B&B den letzten Abend mit Cider, Cheddar-Cheese und Minstrels ausklingen ließen.
Als dann am nächsten Tag der Flieger in den Sonnenaufgang über den Wolken flog, wurde dieser einmalige Anblick von einem traurigen Gedanken getrübt:
Schon wieder vorbei, das Wochenende...
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